Consulting

Hi,

tummeln sich hier eigentlich noch Consultants im Forum?

Ich mache den Job jetzt seit knapp 2 1/2 Jahren und suche immer gerne Möglichkeiten mich da ein bisschen auszutauschen. Ohne Namen zu nennen, seid ihr bei den “großen” unterwegs oder bei kleineren Firmen? Wie sind eure Erfahrungen so, Vor- und Nachteile?

Fragen zum Konzept “Consulting” können hier natürlich auch gerne gestellt werden, habe immer das Gefühl, dass es da Vorurteile zu gibt…

Ich selbst bin aus der Rolle des “Hausinternen Industrieentwickler” in die Beratung gewechselt, weil mir der Job zu monoton und ehrlich gesagt auch zu wenig herausfordernd wurde. Ich bin bei einer kleineren Firma im Rhein-Main Gebiet, habe in meinen zweieinhalb Jahren jetzt drei Projekte bei großen, internationalen Firmen gehabt (also die Abwechslung die ich gesucht habe) und bisher das Glück gehabt, alle Projekte in pendelbarer Reichweite zu haben. Anfangs war ich reiner Java EE Berater, mittlerweile habe ich eine Spezialisierung auf eine proprietäre Lösung mitgemacht und arbeite zusätzlich damit.

Viele Grüße
Tim

mögliches Vorurteil, auch bei Wikipedia einer der ersten Sätze:

Insbesondere in der Wirtschaft und im Management mit strikter Erfolgsorientierung und oft hohen Gewinnmargen für die Berater wird der Begriff oft mit dem ungefähren englischen Äquivalent Consulting umschrieben.

[wobei Lohn eigentlich immer Gewinn ist, welche Kosten außer die üblichen, Reise, Übernachung, Spesen?, komische Wortwahl]

wobei das bestimmt für viele nicht Festangestellte in der IT gilt, und über Eignung/ Wert der Arbeit läßt sich gut streiten,
und das Geld kommt auch nicht unbedingt bei der Einzelperson an

kannst du ja jedenfalls für deinen Fall evtl. bestätigen oder etwas entkräften :wink:

Wie läuft den Schemenhaft so ein Projekt ab? Führt ihr das im eigenen Team durch oder lediglich Schulung der IT beim Kunden?
Habt ihr ein eigenes Produkt? Wie viele Leute seid ihr?

Habe selbst mal in einer Consulting Bude gearbeitet. Klassische Unternehmensberatung mit Fokus auf PPS und Persönlichkeitsentwicklung von Führungskräften.
Die Erfahrungen die ich da machen durfte waren eher gemischter Natur.

Wüsste auch gern, ob wir Ungeziefer hier haben oO

Naja. Hatte jetzt in letzter Zeit mit einem zum Thema JavaFX zu tun und vielen in Bezug auf Scrum. Der JavaFX-Consultant … naja, er konnte schon gute Tipps liefern. Aber hat nicht ganz kapiert, dass wir als Auftraggeber entscheiden - wann sich für uns ein Termin lohnt und wann nicht. Das hat uns planungstechnisch Probleme bereitet weswegen hier auch keiner sonderlich gut mehr auf den zu sprechen ist.

Und die Scrum-Consultants die wir hier haben/hatten … da hab ich meine Meinung drüber auch schon meinen Chefs gesagt: ich würde die in hohem Bogen rauswerfen. Es gibt insgesamt einen, der von denen tatsächlich glaub was drauf hat - der rest ist in meinen Augen einfach nur unfähig. Schön auch immer, wenn Sie beginnen mit “Also bei Scrum nach Lehrbuch …”.

Die Idee hinterm Consulting ist sicherlich nicht verkehrt. Man hat viele Baustellen und holt sich einen Spezialisten ins Haus der einem Hilft den Weg zu finden. Aber bisher waren meine Erfahrungen mit Consultants nicht so toll.

Sind wir nicht alle irgendwie Consultant?

Ob beim Kunden oder in der eigenen Firma, ich denke, die reinen “Nach-Pflichtenheft-Coder” haben ausgedient. Sobald ich mich in agileren Projekten befinde, berate ich doch meist den Productowner, Kunden, Geschäftsführer oder sonst wen.

Seht ihr das anders?

Wie nennt man nochmal „Vorurteile“, die man hat, nachdem man etwas kennengelernt hat?

Ach ja: Urteile!

Kein echtes portmanteau, aber fast wie bei Dilbert Comic Strip on 1998-08-24 | Dilbert by Scott Adams :smiley:

Mal im Ernst: Ich hatte noch nicht viel direkt mit Consultants zu tun, aber, zugegeben, wenn ich das Wort „Consultant“ höre, denke ich zuerst an irgendeinen Mittzwanziger, der mit Anzug und Krawatte irgendwo reingeschneit kommt, mit Visitenkarten um sich wirft, auf denen irgendwas wie „Internal Development Investment Optimization Trainer“ steht, und der dann Anhand einer Powerpoint-Präsentation alteingedienten Entwicklern klar machen will, dass sie in ihrem Leben bisher alles falsch gemacht haben, was man nur falsch machen kann.

(Also, hier durchaus als Vorurteil, dessen ich mir bewußt bin (!), d.h. es ist NICHT echt ein „Urteil“, sondern eher ein Klischeehaftes, unfundiertes Bild, das ich im Kopf habe, und das massivst durch das geprägt ist, was andere so über Consultants sagen ;-))

Ich habe mal ein wenig mit Jungs und Mädels von ThoughtWorks zusammengearbeitet, die haben mitprogrammiert und dabei Anregungen gegeben - das lief recht gut und hat definitiv etwas gebracht. Aber das ist ja das Problem mit Consulting: Es ist ein zu weites Feld, und jeder versteht etwas anderes darunter.

Ich bin auch so ein Ungeziefer.

Aber ich bin wohl eine Ausnahme, denn ich bin jetzt schon 8 Jahre beim selben Kunden im selben Projekt. Das ist für Berater ehr ungewöhnlich.

Das Projekt ist 'ne zentrale Unternehmensanwendung des Kunden, die ständig weiter entwickelt wird. Da arbeiten wir derzeit mit 3 Beratern dran.

bye
TT

@SlaterB :
Gewinn für den Dienstleister wäre ja (Tagessatz - Gehalt - Steuern - Sozialabgaben - Reisekosten - umgelegte Fixkosten). Die Tagessätze sehen meistens erst einmal beeindruckend aus, aber es kann sich niemand leisten Traummargen einzufahren, dafür ist der Wettbewerb zu hoch. Wir haben z.B. als kleiner Dienstleister den Vorteil, sehr wenig „Wasserkopf“ an Verwaltung zu haben und können daher günstiger anbieten als eine große IBM oder Deloitte - aber das müssen wir dann auch, weil wir unbekannter sind und unseren Namen nicht mit verkaufen können. Generell bietet jeder so günstig an wie er kann.

Die Diskrepanz zwischen meinem Tagessatz und meinem Gehalt ist relativ groß, aber meinem Arbeitgeber gehen da ja auch Steuern und Ausgaben für Reisekosten ab, der Vertrieb und unser Backoffice möchten auch bezahlt werden. Mir haben schon mehrere Freelancer geraten mich selbstständig zu machen und alles selbst einzustreichen, aber zum einen kann man das nicht so einfach rechnen, zum anderen komme ich über die Kontakte meines Arbeitgebers an interessantere Projekte und Techniken. Vielleicht später mal.

@ionutbaiu
Das kommt auf den Kunden und die Technik an. Bei manchen Gebieten haben wir so viele Leute und so viel Erfahrung, dass wir tatsächlich ganze Projekte beim Kunden umsetzen, inklusive Projektleitung, Businessanalyse, Entwicklung, Testing. Manche Kunden möchten das so, manche möchten Unterstützung in bestehenden Teams, manche möchten nur einen Architekten mit Erfahrung der zwei Wochen vor Ort ist und überprüft, ob die Implementierung so in Ordnung ist oder kritische Probleme löst. Meistens implementieren wir beim Kunden auch mit.
Wir haben auch ein eigenes Produkt, das ist aber noch ein Pet-Project. Wir arbeiten viel im CRM Bereich, der durch recht teure Software geprägt ist, unser eigenes Produkt bieten wir deshalb kleinen Kunden an, die sich kein Salesforce oder Dynamics leisten können / möchten. Wir entwickeln es aber weiter. Zur Zeit sind wir ca. 90 Personen, davon etwa zwei Drittel Berater, der Rest ist Vorstand / Buchhaltung / HR und Vertrieb.

Inwiefern gemischter Natur? Die Arbeitsbedingungen, oder einfach das Thema das bearbeitet wurde?
@Tomate_Salat
Ungeziefer. Sehr nett, danke.

Deine Seite ist interessant. Wir erleben das natürlich relativ oft, dass wir für die internen Mitarbeiter zweiter Klasse sind, je nach Projektsetup stimmt das auch. Wenn du in ein laufendes Projekt gesetzt wirst, kannst du gerne Empfehlungen geben, solltest dich aber natürlich zurückhalten. Wenn wir das Projekt aber leiten und der Kunde uns für den Projekterfolg verantwortlich macht, möchten wir natürlich auch Freiheiten die das garantieren. Das gibt oft Reibungspunkte und ist ein häufiges Problem. Ich habe auch schon Projekte mit Consultants (natürlich aus anderen Firmen :smiley: ) erlebt, bei denen ich nicht fassen konnte dass der Kunde die weiter beschäftigt, andersherum aber auch schon interne Entwickler die ich als Arbeitgeber sofort rausgeworfen hätte.
@Marco13
Ich habe tatsächlich gerade ein Projekt mit Anzugpflicht :smiley: Das ist eigentlich das haupt-Klischeebild. Viel Geld für heiße Luft kassieren, das einzige Resultat der Arbeit sind Slides, absolute Überheblichkeit. Ist im technischen Bereich glaube ich eher selten, das Klischee schwappt eher aus dem Management Consulting rüber, es kommt aber vor.
@Landei
ThoughtWorks haben einen guten Ruf, achten auch sehr darauf wen sie einstellen. Und ja, es versteht nicht nur jeder etwas anderes darunter, es geht auch jeder anders vor. Mit ThoughtWorks hast du einen hoch spezialisierten Dienstleister mit Experten die den Namen verdienen. Accenture z.B. haben einen sehr hohen Prozentsatz indischer Entwickler… aber das ist mal wieder ein anderes Klischee.
@Timothy_Truckle
Arbeitet ihr alleine als Berater daran? Ich finde es immer etwas seltsam, kritische Infrastruktur an dritte auszulagern, oder generell Berater so lange zu beschäftigen. Für uns ist das natürlich super, aber langfristig geplant ist das kein Weg, internes Know How aufzubauen. Ich bin gerade bei einem Kunden dessen erklärtes Ziel es ist die interne IT komplett abzubauen und nur noch Berater anzustellen, für alles. Entwicklung, Wartung, Betrieb… und verstehe es nicht so wirklich.

Ne, so hat das keiner hier aufgefasst. Eher als Dienstleister den wir angefordert haben. Und natürlich ist man erstmal vorsichtig, wenn ein externer einem in die Prozesse reinreden möchte - aber das Team war dem eigentlich offen gegenüber gestanden. Aber wenn ein Consultant einfach einen Termin cancelt - weil er glaubt es wäre in unserem Interesse (was es nicht war), dann überschreitet der in meinen Augen schlicht seine Kompetenzen. Ein anderer consultant konnte uns keine Verbesserungsvorschläge geben (hat kritisiert, aber dann konnte mans auf einmal doch so machen) und wieder ein anderer hat schlicht keine Ahnung gehabt - dem seine angebliche Verbesserungsvorschläge hab ich in der Luft zerrissen. Da war nicht ein Stichhaltiger Punkt dabei. Das waren jetzt mal so die Highlights vom Eisberg. Aber nun ja, wenn die 5 bis 6 Consultants mit denen ich bisher arbeiten musste nur unfähig waren - dann verstehe halt schon warum Consultants einen nicht so tollen ruf haben (ohne euch da jetzt angreifen zu wollen - aber meine Erfahrung mit Consultants war bisher halt nicht einmal zufriedenstellend).

es kommt zwar mehr raus als was ich als Angestellter erhalten habe, dafür habe ich mehr Freiheiten - und Letzteres mag ich nicht mehr missen

[quote=inv_zim;136974]Deine Seite ist interessant. Wir erleben das natürlich relativ oft, dass wir für die internen Mitarbeiter zweiter Klasse sind,[/quote]Bei meinem vorherigen Job war es genau umgekehrt.

Ich war intern für die Haus-IT und die IT der Produkte verantwortlich.

Mein erstes AHA-Erlebnis war, als die Firma Navision einführen wollte (da war ich gerade 3 Monate in der Firma). Ich sollte den Hardware-Vorschlag des Beratungsunternehmens bewerten. Ich habe dann mal einen Gegenvorschlag mit etwas schwächeren CPUs, dafür aber viel mehr Ram und Festplatte sowie 20% günstiger gemacht, der wurde verworfen.

Ein Jahr später hatte ich meinem Zulieferer für die Produktsoftware ins Pflichtenheft geschrieben, welche Programmierspache er verwenden soll. (die Konsolidierung des Codebasis war eine meiner Kernaufgaben laut Einstellungsgespräch). Dafür musste ich mich im Beisein des Chefs des Zulieferers bei meinem Firmenchef (beides Familienbetriebe) verantworten.
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[quote=inv_zim;136974]Arbeitet ihr alleine als Berater daran?[/quote]Ja.
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[quote=inv_zim;136974]Ich finde es immer etwas seltsam, kritische Infrastruktur an dritte auszulagern, oder generell Berater so lange zu beschäftigen.[/quote]Das ist es in der Tat, aber irgendwie schafft es der Kunde nicht, eigenes Personal in das Projekt einzubringen. Da gibt’s wohl gerade keinen Leidensdruck…

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[quote=inv_zim;136974]Ich bin gerade bei einem Kunden dessen erklärtes Ziel es ist die interne IT komplett abzubauen und nur noch Berater anzustellen, für alles. Entwicklung, Wartung, Betrieb… und verstehe es nicht so wirklich.[/quote]Das ist bei meinem Kunden gar nicht die Bestrebung. Der hängt ehr noch an dem “best cost”-Mantra und stellt Leute in “günstigen” Regionen der Welt ein…

bye
TT

okay - RAM kann man eigentlich nie genug haben

das klingt nach reinem Dummf*** wie bei der Grundausbildung

Das habe ich persönlich noch nicht erlebt. Ich habe aber einen Kollegen, bei dem das in einem Projekt so ist. Allerdings erlaubt die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt es, sich von so einem Kunden zu lösen.

Das hatte ich tatsächlich auch bei einem Kunden. Konnte ich langsam mit rauswachsen lassen. Ich musste feststellen, dass das Klima in Firmen mit Anzugspflicht meist auch eher anstrengend ist. Und ein schlecht sitzender Anzug (weil es Pflicht ist einfach einen, der gerade passt), ist meist auch keine Augenweide. :slight_smile:

[QUOTE=inv_zim;136974]
[…] Ich finde es immer etwas seltsam, kritische Infrastruktur an dritte auszulagern, oder generell Berater so lange zu beschäftigen. Für uns ist das natürlich super, aber langfristig geplant ist das kein Weg, internes Know How aufzubauen. Ich bin gerade bei einem Kunden dessen erklärtes Ziel es ist die interne IT komplett abzubauen und nur noch Berater anzustellen, für alles. Entwicklung, Wartung, Betrieb… und verstehe es nicht so wirklich.[/QUOTE]
Verstehen kann ich es nur bedingt. Meist wird bei großen Firmen und Konzernen eben ein anderer Finanztopf bedient. Klingt komisch, ist aber so. Und feste Mitarbeiter zu finden, ist derzeit ziemlich schwierig - zumindest wenn man fähige Leute sucht.