Bevorzugte Arbeitszeiten

Auf stackoverflow findet jedes Jahr eine Umfrage statt, zu verschiedenen Themen die im weitesten Sinne mit “Arbeit im Umfeld der Softwareentwicklung” zu tun haben. Letztes Jahr wurde gefragt, was man Entwickler in der nächsten Umfrage fragen sollte, und ich hatte eine Frage vorgeschlagen, die mich selbst brennend interessiert hat:

What are your preferred working hours?

Erfreulicherweise war diese Frage dann tatsächlich Teil der Umfrage von 2017, in leicht abgewandelter Form - nämlich als die Frage, wann die Leute am liebsten zu arbeiten anfangen würden.

Die Ergebnisse sind (mit 6-8 Wochen Verzögerung ;-)) auch veröffentlicht worden, un man kann sich den Ergebnisdatensatz auf dieser Seite runterladen. Das Ergebnis der Antworten von fast 37000 Entwicklern habe ich für diese Antwort mal geplottet:

Ich selbst hätte erwartet, dass die Kurve viel flacher abfällt. Um 14:00-16:00 anfangen ist doch super?! Aber wer weiß, welche Motivation die Leute jeweils hatten…

Gedanken dazu?

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Interessant, haette nicht erwartet dass so viele Entwickler um 7 Uhr bzw. um 8 Uhr morgens anfangen, bin selber einer der 9 Uhr und 10 Uhr Typen.
Nehme mal an dass diese „fruehen Voegel“ Familie haben…

Ja, bis auf das Sozialleben eben :wink:

Wer möchte nicht gerne um 6 am anfangen, und um 4 am aufstehen? :fearful:

Also mein Arbeitszimmer ist auch mein Schlafzimmer, ich arbeite wann ich bedarf habe. Die Frage nach Arbeitsbeginn erübrigt sich damit.

Bevorzugte Arbeitszeiten? Öhhh… Gar keine? :smiley:

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Ich starte sehr gerne um 7h. Meist ist dann noch nicht so viel los. Dann lässt es sich sehr konzentriert arbeiten.

Ok. Mal ernsthaft jetzt…
Ich bin Hauptberuflich kein Programmierer, sondern in der Produktion tätig…
Ihr könnt euch eure Arbeitszeiten tatsächlich selbst aussuchen? Beneidenswert. :frowning:

Ich vermute, dass viele eine „Kernzeit“ haben - also irgendwann zwischen 7 und 10 anfangen und zwischen 15 und 18 aufhören können. Komplett beliebige Zeiten sind tatsächlich recht selten.

(Ich erinnere mich, dass die wenigen „Bewerbungsgespräche“, die ich bisher hatte, plötzlich unbehaglich wurden, als klar wurde, dass meine Vorstellung von „flexiblen Arbeitszeiten“ nicht bedeutet, dass ich mir aussuchen kann, ob ich um morgens um 8 oder um 9 anfange, sondern eher, ob ich morgens um 8 oder abends um 8 anfange :rolling_eyes: )

Vielleicht nochmal betonen: Die Zeiten aus der Umfrage sollten (und ich hoffe, das ist überall deutlich geworden) nicht die tatsächlichen Zeiten sein, sondern wirklich die Wunschzeiten, wenn man es sich aussuchen könnte…

@Marco13 : Nicht alles folgt einer Gauß’schen Normalverteilung. Aber alle Stackoverflow-Leute in dem Fall offenbar schon. Mit einem Scheitelpunkt, nicht etwa bei 10 am, nein sondern bei 9 am. :rolling_eyes:

Es gibt auch Ansichten, Noten sollten so verteilt sein, mit einem Scheitelpunkt bei 3. Und manchmal sind auch die intelligenteren Leute in dem danach folgenden Bereich (4 oder 5) dabei. Wie kann das sein? Ist das fair?

Also ich frage mich, nicht unbedingt wann geht es los, sondern, wenn ich vielleicht selbständig bin, kann ich einen 10- bis 12-Stunden-Tag „unbeschadet“ überstehen? Wer selbständig ist, fängt meist 1 bis 2 Stunden früher an, und arbeitet auch länger - und bereitet sich zudem am WoEn auf montags vor.


Wie wären eure Erfahrungen? Seid ihr auch nine to five-Leute? Wie sähe Arbeit >4.0 für euch aus?

Je nachdem welche Position man innerhalb der Projekte / Unternehmen hat, regelt sich das von alleine. Obwohl ich persönlich keine Kernarbeitszeiten habe und auch keine sonstigen Einschränkungen wann meine 8 Stunden anfangen und wann enden, ist es so, dass man zentraler Ansprechpartner für diverse Themen ist. Außerdem muss man mit seinem Team sprechen und das geht i.d.R. nur dann, wenn man auch in den Arbeitszeiten der Kollegen verfügbar ist. Gleiches gilt für Kundenkontakt.

Reine Entwicklung in einem SCRUM Prozess könnte passieren, wann sie will. :wink:

Moderne Ansichten gehen dazu so eine Art der Arbeit als nicht professionell anzusehen. Und das gilt nicht nur für Selbstständige, sondern auch für Angestellte mit entsprechend flexiblen Gleitzeiten.

Egal wie toll man ist, ist das keine ordentliche Geschäftsgrundlage.

Gruß,

Martin

[quote=“CyborgBeta, post:9, topic:19284”]
kann ich einen 10- bis 12-Stunden-Tag “unbeschadet” überstehen?
[/quote]10 bis 12 Stunden ohnehin nicht. Ich arbeite z.Zt. im Zweischicht-Betrieb mit Gleitzeit. Kernarbeitszeit 6h am Tag, Wochenarbeitszeit 37,5h. Ein- und Ausstempeln nicht vergessen.
Nach 10h braucht man sich jedoch nicht mehr ausstempeln, denn das hat die Stechuhr dann schon selbst erledigt. In diesem Fall wird man sich am nächsten Arbeitstag auch nicht wieder Einstechen können und wird damit zum Rapport beim Vorgesetzten gezwungen. Kurz gesagt: Mehrarbeit wird nur dann gerne gesehen, wenn sie genehmigt wurde und über 10h darf man auf gar keinen Fall kommen. Ratet mal, was dadurch erreicht wird.

Dem ist noch hinzuzufügen, dass das rechtliche Gründe hat. Wenn du mehr als 10 Stunden am Tag arbeitest, und auf dem Nachhauseweg einen Arbeitsunfall hast, dann wird die Berufsgenossenschaft deinem Arbeitgeber gehörig auf die Finger klopfen, das kann teuer werden.

Das ist nur ein Teil des Apparats. In dem Modell sollen genau solche Dinger vermieden werden - deswegen wird man gleich damit bestraft, indem alles, was über einen 10h-Tag hinaus geht, gar nicht bezahlt wird und das ist rechtlich sogar abgesichert (natürlich gibt es auch noch Abteilungen, in denen das anders sein muss, aber nicht in der Produktion).
Man bezieht die benötigten Gesammtarbeitsstunden (durch eine hauseigene Effizienzgruppe ähnlich wie REFA nur halt vollkommen ohne Arbeitskraftbewertung) in die komplette Wirtschaft mit ein und stellt entsprechend Personal ein. Dem Personal wird ein Gehalt bezahlt und damit kommt es gar nicht erst in die Verlegenheit unbedingt Mehrarbeit leisten zu müssen, wenn das Geld knapp wird. Hinzu kommt, das Menschen einfach mehr leisten, wenn sie nicht unter Leistungsdruck stehen. Das ganze Betriebsklima ist gleich viel gelassener und man ist überwiegend fröhlich dabei, selbst wenn man eigentlich Akkord arbeitet, für welchen man gar nicht bezahlt wird - man macht es halt gerne. Aus der Reihe tanzen kann dabei nur noch das Personal. z.B. wenn einer ungenehmigt Überstunden kloppt, womit er der Administration unfair in den Rücken fällt, die dieses Klima geschaffen und anfangs mit Reingewinn bezahlt hat. :wink:

Wuerde das nicht so absolut sehen.

Gibt genug selbststaendige (zb. Australien, USA), die nach Auftrag arbeiten, d.h. Projekt X bis Datum Y abliefern, wieviel und wann gearbeitet wird ist dann vollkommen schnuppe, solange eben Projekt X am Termin Y fertig ist.

Dazu kommt noch dass einige in anderen Zeitzonen arbeiten koennten, d.h. abends 17 Uhr in Australien waere zB. 8 Uhr morgens in D.

Allerdings stimme ich zu dass SW Entwicklung im Team am besten funzt wenn meistens alle vom Team „anwesend“ sind, generelle Kommunikation, StandUps, Besprechungen, Planung, kurze Nachfragen etc. pp., mal Homeoffice machen ist eine Sache, staendig erst um 17 Uhr auftauchen und dann die Nacht durcharbeiten waehrend der Rest des Teams so zwischen 9-18 Uhr anwesend ist nicht-Teamfaehig, eigentlich schon nicht-Sozialfaehig :wink:

„No man is an Island“ :wink:

Ja, die EADS hatte regelmaessig Mitarbeiter aus Hamburg nach Ottobrunn kommen lassen weil diese das Arbeitspensum nicht in der Normzeit schafften (war aber auch nicht zu shaffen): „Fuehlen Sie sich ueberfordert? Sind Sie der Aufgabe etwa nicht gewachsen?“

Das hat dann dazu gefuehrt dass die Mitarbeiter brav ausgestempelt haben um dann weiterzuarbeiten…

[quote=“maki, post:14, topic:19284”]
Das hat dann dazu gefuehrt dass die Mitarbeiter brav ausgestempelt haben um dann weiterzuarbeiten…
[/quote]Und haben sie die Mehrarbeit dann auch bezahlt bekommen?

Natürlich versagt das System auch, wenn der Arbeitgeber die Gesamtarbeitsstunden zu Eng ansetzt, was meistens dann der Fall ist, wenn er einmaligen Messungen der REFA vertraut. Bei uns findet diese Messung ständig statt und zwar anhand der Durchlaufzeit eines Produkts (Straßenbaumaschinen). Hin und wieder schaut mal einer vom Effizienzteam vorbei (mit denen kann man sogar Schwätzen oder Kaffee trinken), um zu ermitteln, ob man das Ein oder Andere noch beschleunigen könnte, ohne die Mitarbeiter zu peitschen - dann gibt es z.B. Werzeugwände statt Werkzeugschränke usw. Engpässe werden mit Leasingpersonal überbrückt, wobei natürlich auch dieses von dem System profitiert und am Ende gar nicht mehr weg will oder zumindest, wenn benötigt wieder kommen will.
Im Übrigen bin ich mir gar nicht mal so sicher, ob dieses System noch durch Einführung von 100%igen Wunscharbeitszeiten getoppt werden kann, ich denke aber mal nicht.

Nee… die mussten das sogar geheim halten :laughing:

Naja, mann kann sich nur selten den Job, Arbeitgeber, Arbeitsort UND die Arbeitszeiten aussuchen, flexibel sein hilft.

Das ist dann aber Sache des Arbeitgebers, der die Zeiten zu kurz bemessen hat. Wenn der Umstand nicht behoben wird, bricht das System zusammen. Sowas kann man gewissenhaft mit Leasingpersonal umgehen und EADS sollte wohl dazu in der Lage sein, ein solches System - sofern dort existent - aufrecht zu erhalten.

Das System ist mehrmals fast(?) zusammengebrochen, wurde geflickt, d.h. dann zB. dass alle externen ihre Vertraege gekuendigt bekommen haben, weil dann die Einnahmen vs. Ausgaben fuer ein paar Monate besser aussahen (Aktienkurs etc. :wink: ), um sie nach ca. 3 Monaten wieder einzustellen… ist alles ein paar Jahre her, und mittlerweile sieht der Aktienkurs gut aus :wink:

Es gibt bei diesem Thema viele Facetten, die man beleuchten könnte.

Die ursprüngliche „Intention“ dahinter, diese Frage aufzubringen, um letztlich das Diagramm erstellen zu können, war sehr vordergründig: Ich bin davon ausgegangen, dass das 9-to-5-Muster etwas ist, was viele Entwickler explizit nicht wollen. Und zumindest die Tatsache, dass die stärkste Abweichung der Kurve von der Normalverteilung darin besteht, dass „mehr Leute (als erwartet) um 10:00 anfangen wollen“, ist ein Indiz dafür, dass das nicht ganz falsch ist.

Ansonsten… Zeitplanung in der IT/Softwareentwicklung ist so eine Sache. (Entsprechend dem Klassiker: „Ich bin zu 90% fertig“ - „Das heißt, du hast keine Ahnung, wie lange es noch dauern wird?!“ - „Richtig…“). Zeiten werden gewürfelt und grob über den Daumen geschätzt.

Eine der Kernideen von Scrum ist ja (falls ich das richtig verstanden habe), dass man irgendwann weiß, wie viele Storypoints das Team in einem Sprint schafft, und damit präzisere Schätzungen möglich werden. Aber erstens habe ich noch nie gehört (geschweige denn mitbekommen) dass das funktioniert, und zweitens könnte man ketzerisch sagen, dass das „Schätzen und Raten“ sich dann eben nicht auf die Zeit, sondern auf die Storypunkte bezieht - das Problem also nicht behoben, sondern verlagert ist. (Auch da könnte man tiefer eintauchen, ausdifferenzieren in bezug auf die Frage, oder ob „sowas ähnliches“ schonmal gemacht wurde, oder keine eine Ahnung von dem Thema hat, und man sich erstmal einarbeiten muss etc.)

Bei meiner vorigen Arbeit war es jedenfalls so, dass es eine Kernzeit gab, die um 10:00 anfing, die meisten Leute dann zwischen 10:00 und 12:00 aufgeschlagen sind, und am Ende des Monats wurde ein „Zeiterfassungsbogen“ unterschrieben, wo draufstand, dass man 173.6 Stunden gearbeitet hat (weil das eben rechnerisch so sein musste). Der Bogen hatte natürlich mit der Realtät nichts zu tun (und da stand oft genug drauf, dass ich für Projekte gearbeitet habe, von denen ich nichtmal wußte, dass sie existieren, aber … zumindest war der Arbeitsplatz desjenigen gesichert, der dafür verantwortlich war, diese Zahlen so hinzubiegen, dass formal-rechtlich niemand beweisen konnte, dass sie aus der Luft gegriffen waren :rolling_eyes: ).

Noch etwas allgemeiner: Ein „Programmierer“, der 40 Stunden/Woche arbeitet, programmiert ja nicht 40 Stunden/Woche. Zumindest bin ich (auch wenn es „komisch“ klingt, das so zu sagen) überzeugt, dass ich oft, wenn ich zuhause im Bett lag (und zwischen 2:00 und 4:00 versucht habe, einzuschlafen, um um 10:00 im Büro sein zu können :rolling_eyes: ), effizientere und sinnvollere Arbeit geleistet habe, als andere, die am nächsten Tag zwar „fleißig“ um 9:00 da waren, und „fleißig“ am Computer gesessen und getippt haben, aber da eben irgendwelchen unüberlegten Müll-Code produziert haben.


Vielleicht könnte man mein Problem, man als Intitalfunken für diese Frage und diese Thread sehen könnte, auch als „Mangelnde Fähigkeit zum Abschalten“ sehen - oder eben „keine grenze zwischen Arbeit und Nicht-Arbeit ziehen können“. Ich schaffe das eben einfach nicht…

private void solveThisComplexProblemThatIThoughtAboutFor10Hours() { 
    // TODO Implement this tomorrow at 10:00. 
    // Now, it's 17:00 and I'm going home to watch some crap on Netflix
}

Ich kann mich noch wahnsinnig gut an die Zeiten erinnern, wo ich joblos war und mich meine Programmieraktivitäten hin und wieder aus den Federn gerissen haben, weil ich von der Lösung eines Problems wohl mehr oder weniger geträumt hatte - wobei ich zuvor bei diesem Problem natürlich nur Müll produziert hatte, gerade weil ich drauf fixiert und dabei alles Andere als entspannt war. Letzteres wirkte sich auch auf meine Psyche aus, aber das ist dank des festen Jobs längst wieder Geschichte. Also Warnung: du wirst über Kurz oder Lang schlicht Arbeit von Nicht-Arbeit ganz klar trennen müssen - schon aus gesundheitlichen Gründen. Lass dich lieber von Frau, Kindern oder was uch immer verwöhnen, anstatt dich auf ein Problem zu fixieren, wofür in absehbarer Zeit keine Lösung in Sicht scheint.

Im Übrigen gibt es zwischen Programmierung und der Produktion von technischem Gerät ja einen gravierenden Unterschied - bei letzterem kann man eine Zeichnug zu Rate ziehen, wenn man nicht weiter weiß, bei der Programmierung höchstens ein UML-Diagramm, sofern vorhanden. Kurz gesagt, dürfte es im Bereich Programmierung durchaus sinnvoll sein, wenn man seine Arbeitszeiten genau in den Zeitraum legt, in welchem man in Sachen Kreativität zur Tageshöchstform anläuft.