Proteste in Amerika

Spannende Frage, wie skaliert Rassismus. Ich denke schon, dass man Rassen über kulturelle Hintergründe definieren kann. Natürlich wirkt dein Beispiel mit den Hessen und den Bayern künstlich. Aber mal angenommen es würde mir als Bayer in Hessen ein Nachteil entstehen, mit der Begründung, dass ich als Bayer immer Bier trinke, dann ist aus dem rassistischen Vorurteile Rassismus geworden. Beim Rassismus geht es darum, dass eine Gruppe Menschen andere auf Grund von biologischen Eigenschaften, geografischer Herkunft oder auch Kultur, ausgrenzt und benachteiligt.

Manche Menschen würden, das was die Lega Nord in Italien über Leute aus Süditalien sagt, rassistisch nennen. Laut deiner Definition wäre es das nicht. Aber was ist es dann?

Oder wenn man sagt, dass alle Japaner gut in Mathe sind, ist es für mich ein rassistisches Vorurteil. Wenn ich dich richtig verstehe, erst ab dem Punkt, wenn man sagt, alle Asiaten sind gut in Mathe.

Beim Rassismus geht es darum, dass eine Gruppe Menschen andere auf Grund von biologischen Eigenschaften, geografischer Herkunft oder auch Kultur, ausgrenzt und benachteiligt.

Es geht hier (im weitesten Sinne) um „Sozialwissenschaften“ oder „Politik“, auf jeden Fall aber nicht um eine exakte Wissenschaft wo man Begriffe klar definieren könnte.

Aber diese Definition hat keine differenzierende Kraft: „Biologische Eigenschaften“ → Das Gewicht?, „Geographische Herkunft“ → Frankfurt oder Offenbach?, „Kultur“ → Ob jemand beim Betreten einer fremden Wohnung die Schuhe auszieht oder nicht? „ausgrenzen und benachteiligen“ (oder „ausgrenzen oder benachteiligen“?) - wie äußert sich das?

Das ist so beliebig und schwammig, dass die Tatsache, dass jemand, der 1.53m groß ist, nicht in der Basketball-Bundesliga mitspielen darf, als „rassistisch“ bezeichnet werden könnte. Wenn man sich da nicht um mehr sprachliche Präzision bemüht, kann man keine sinnvolle Unterhaltung führen (ganz allgemein, aber im speziellen: nicht mit mir).

Ist natürlich auch sehr anstrengend mit jemanden zu diskutieren, der sich in eine laufende Diskussion zunächst einmischt mit dem Wunsch „Rasssismus“ zunächst exakt zu definieren, bevor eine Disskussion geführt werden kann. Daher schlage ich vor für den weiteren „smoothingeren“ Verauf der Diskussion sich Inhaltlich mit den gemachten Argumenten auseinader zu setzen und nicht die „Du hast keine Ahnung Keule“ zu schwingen, sonst haben die Leute auch keine Lust zu antworten :wink:

Schaut man sich die ersten Teile Wikipedia an, so heißt es:

Rassismus ist eine Gesinnung oder Ideologie, nach der Menschen aufgrund weniger äußerlicher Merkmale – die eine bestimmte Abstammung vermuten lassen – als „Rassekategorisiert und beurteilt werden. Die zur Abgrenzung herangezogenen Merkmale wie Hautfarbe, Körpergröße oder Sprache – umstrittenerweise teilweise auch kulturelle Merkmale wie Kleidung oder Bräuche – werden als grundsätzlicher und bestimmender Faktor menschlicher Fähigkeiten und Eigenschaften gedeutet und nach Wertigkeit eingeteilt.

Und hier werden ja die tatsächlichen Eigenschaften ja schon genannt. Zunächst handelt es sich um eine SUBJEKTIVE Einschätzung einer Person, die auf dieser Grundlage zu Folgerungen kommt, dass sie selbst höhergestellt ist.
Das ist Rassismus.

Du vergleichst das mit „Diskrimierung“. Diese hat viele Formen, diese hat viele Formen und Rassismus ist eine davon.

Rechtlich wird dies zum größten Teil im AGG behandelt. Siehe auch ᐅ Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG: Definition, Begriff und Erklärung im JuraForum.de

Demnach wäre dieser Fall keine Diskriminierung, weil es einen Sachgrund gibt, warum diese Person aufgrund der Größe NICHT dazu geeignet ist in der Basketball-Bundesliga mitzuspielen. Vergleichbar, wenn ich Astronaut werden möchte, dann geht das nicht, weil mir die körperliche Fitness fehlt, und dadurch für mich die Sache undurchführbar oder gefährlich und durchführbar wäre.

Nach meiner Vorstellung wäre dies also keine Diskrimminierung und im Folge dessen auch kein Rassismus.

Anders würde man die Sache bewerten, wenn es keinen Sachgrund gibt und die Bewertung allein auf „mir selbst“ ausgedachte und „ideologische“ Grüne bezieht.

Wenn ich als den Artikel bewerten sollte, dann zeigt dieser ja die wesentlichen Werke und das Tun (stark zusammengefasst) von Kant auf. Und folgt auf dieser Grundlage, dass er Rassist war. Und das ist, ich habe mich damit nicht beschäftigt, dem Artikel nach die korrekte Folgerung.

Das, was da jetzt mit „Diskriminierung“ reingezogen wurde, hängt mit dem Hinterfragen einiger der Punkte zusammen, die vorher für den Definitionsversuch verwendet wurden. Das kann man (sicher nicht komplett, aber erstmal, weitgehend) von der ursprünglichen Frage trennen.

Umgekehrt finde ich es … nun, einerseits anstrengend… andererseits schon „lästig“ (um es mal zurückhaltend zu formulieren), wenn Leute mit Begriffen um sich werfen, bei denen 1. eine klare Definition schwierig ist (und sich nicht zuletzt viel von der damit verbundenen Diskussion darum drehen kann (oder sogar muss), was dieser Begriff denn eigentlich genau bedeutet), und 2. diese Leute augenscheinlich noch nicht so viel über genau diese Frage nachgedacht haben

Die Definition von Wikipedia kenne ich, und natürlich hätte ich sie im extended mind-Stil hier paraphrasieren können. Wichtig finde ich bei der dort gegebenen Definition unter anderem das Wort „umstrittenerweise“, was auch im Absatz über Kritik an dem Begriff nochmal ein wenig ausgebreitet wird.

Ich finde es gelinde gesagt problematisch, wenn Leute diesen Begriff in einem Zusammenhang verwenden, in dem er völlig unpassend ist, und ihm damit - implizit oder explizit - eine Bedeutung geben, die er schlicht nicht hat. Wenn jemand z.B. sagen würde „Ich mag keine Türken“, dann würde man ihm heute schon „Rassismus“ unterstellen. Wenn jemand sagen würde „Ich mag keine Österreicher“, dann würde man das nicht tun (sondern ihm, je nach Zusammenhang oder angenommenen „Ernsthaftigkeit“ der Aussage) entweder mit einem „Joa, die blöden Schluchtenscheißer“ zustimmen, oder hinterfragen, warum er denn meint, so eine (pauschale) Aussage machen zu können).

Wenn man gegen „echten Rassismus“ etwas unternehmen will, dann muss man klar benennen können was das denn eigentlich ist, und jede (unangemessene) Verwässerung des Begriffs macht das schwieriger (bis unmöglich).

Ein Punkt, auf den ich mit meinem Hinterfragen (bzw. der Frage nach der Definition des Begriffes) hinauswollte ist übrigens die, dass Rassismus (wie auch in der Wikipedia-Definition erkennbar) untrennbar mit dem Konzept der „Rasse“ verbunden ist. Und… das ist nun ein Begriff, der in den üblichen biologischen Taxonomien nicht auftaucht. Eine Notwendigkeit für Rassimus ist damit das soziale Konstrukt der „Rasse“. (Und ich verwende den Term „soziales Konstrukt“, obwohl ich ihn nicht mag, weil er eben auch in vielen Fällen „falsch“ verwendet wird). Entsprechend der Definition hat „Rassismus“ (als Problem) etwas mit der Kombination aus Kategorisierung und Wertung zu tun. Und an vielen Stellen stolpern Leute da argumentativ über ihre eigenen Füße: Gerade diejenigen, die behaupten (oder glauben, oder vorgeben,… ) gegen Rassismus zu sein, tun das in einer Form, mit der sie die (falsche) Annahme, man könne Menschen kategorisch in Rassen einteilen, immer weiter in den Köpfen zementieren. (Da jetzt von „schwarz-weiß-Denken“ zu reden wäre deutlich weniger metaphorisch, als es im ersten Moment erscheinen könnte). Oder etwas flapsiger: Ich glaube, in vielen Fällen sind die Leute, die Probleme machen, keine „Rassisten“, sondern einfach nur Arschlöcher. (Das erste impliziert das zweite, aber das zweite nicht das erste - nur um nochmal die vermeintliche Korinthenkackerei bei den Begrifflichkeiten zu rechtfertigen…)

Ich fände es viel angenehmer mit dir zu diskutieren, wenn du mir nicht unterstellen würdest ich hätte mich nicht mit Rassismus auseinander gesetzt.
Ich verstehe, dass man für Rassismus das Konzept der Rasse braucht. Für dich ist dieser Begriff fest an die sozialdarwinistische Definition gebunden. Für mich ist sie das nicht, sondern kann auch einen kulturellen Hintergrund haben. Dies begründe ich schon alleine damit, dass die Nazis die Nürnberger Rassengesetzte erlassen haben, die auf auf Juden abzielen. Dabei ist heute wissenschaftlicher Konsent, dass sich das nicht mit Sozialdarwinismus erklären lässt, sondern mit dem christlichen Antijudaismus zusammenhängt, was eindeutig ein kultureller Hintergrund ist.
Klar hast du Recht damit, dass man den Begriff nicht verwässeren soll. Auch sehe ich es so, dass man noch lange kein Rassist sein muss (aber sein kann) wenn man sagt, dass man Türken nicht mag. Ich kann jemanden nicht mögen, aber dennoch tolerieren (tolerare heißt ertragen). Man darf nur niemanden diskriminieren, nur weil er Türke ist. Damit meine ich nicht, dass wenn du einen Job zu vergeben hast, und sich ein Deutscher und ein Türke bewerben sich darauf, dass du dann den Türken nehmen sollst, weil er sonst diskriminiert ist.
Ich seh die Gefahr, dass es eine systematische staatlich Diskriminierung kommt, wenn bestimmte Strömungen Macht bekämen. Auch kann ich mir vorstellen, dass es echte Rassisten gibt, die Menschen manipulieren um ihre Ziele zu erreichen. Und diese manipulierten Menschen einfach nur als Arschlöcher zu bezeichnen finde ich auch gefährlich.

Die sprachliche Präzision, als die ich die Gründe für einige meiner Fragen bezeichne, bezieht sich auch darauf, dass ich meistens sehr genau darauf achte, was ich sage, und genau das sage, was ich sagen will. Dazu kommt eine gewisse Direktheit. Wenn ich dir unterstellen wollte, dass du dich nicht mit Rassismus auseinandergesetzt, dann würde ich sagen „Du hast dich nicht mit Rassismus auseinandergesetzt“. So einfach ist das. (Das man sich irrt, etwas falsch versteht, oder mal ungenau ist, (oder auch absichtlich flapsig oder profan sein kann (vgl. Arschlöcher)), kann aber immer mal vorkommen).

Die Ausführungen zu Rasse, Sozialdarwinsimus und Kultur klingen nun aber (soweit ich sie einordnen kann) als hätte die Nachfrage dazu beigetragen, diesen Punkt deutlicher rauszuschälen. Grob: Setzt ‚Rassismus‘ nicht ‚Rasse‘ vorraus? Und wenn ja: Ist das nicht schon ein kaum sinnvoll zu verwendender Begriff?

(Das Einzementieren der (falschen) Ansicht, man könnte Menschen so kategorisieren, ist da nur eine kleine Facette des Problems - aber das tritt eben sowohl bei den Rassisten auf, als auch bei vielen, die sich unreflektiert und/oder auf bestimmte Weise sehr vehement „gegen Rassismus“ aussprechen…)

Die Unterstellung „du bist Rassist“ oder „das ist rassistisch“ ist heutzutage in anscheinend immer mehr Bereichen Teil von etwas, was ich als „Unterstellungs-Standgas“ bezeichnen würde: Man haut das einfach mal so raus (und maßt sich damit eine moralische Überlegenheit an, die ich in dieser Form ziemlich ekelhaft finde), und das ganze passiert teilweise so unfundiert, dass, wenn jemand mir heute Rassismus unterstellen würde, ich mich oft genötigt sähe, davon auszugehen, dass diese Person nicht mehr sagen wollte als „Du bist mir irgendwie unsympathisch“.

Ich finde, dass man sich überlegen sollte, was man gegen echten Rassismus unternehmen kann. Aber wenn jeder demographische Unterschied, jeder Ausdruck von Antipathie zwischen Menschen, oder (im schlimmsten Fall) schon das Eingestehen (und ggf. schon das (wertende oder sogar wertfreie) Benennen) von Unterschieden zwischen Menschen, oder das Verwenden bestimmter Wörter als „Rassimus“ bezeichnet wird, dann kann man am Ende nicht mehr machen als mit den Schultern zu zucken, und zu sagen: „Ja, wir leben nicht in Utopia, find’ dich damit ab“.

Um auch nur die Chance zu haben, ein konkretes Problem lösen zu können, muss man es erst klar identifizieren und seine Ursachen genau kennen.

(Und, um mit einem Beispiel und (wieder) mit einer flapsigen Aussage zu enden: Wenn GitHub den master-branch nach main umbenennen will, um ~„Verbindungen zu diesem Master-Slave-Gedanken zu vermeiden“, dann ist das in meinen Augen komplett idiotischer und höchst kontraproduktiver Aktionismus - oder eben virtue signalling, wie man es heute nennt…)

Wenn diese Debatte so weitergeht, sehe ich schwarz für unsere Zukunft. (Ich weiß, ich weiß…)

Ah du siehst also voller Hoffnung der tollen Zukunft entgegen, denn „schwarz“ kann/darf ja nichts negatives bedeuten!

Edit:

Fand ich sehr Amüsant https://www.bz-berlin.de/berlin/mitte/berliner-u-bahnhof-soll-nach-antisemit-benannt-werden

Aktuell ist ja BLM da sind Aktionen gegen Anti-Semitismus grad nicht so wichtig

BitBucket macht das auch

Aehnliches gilt fuer „Blacklist“/„Whitelist“.

Ich sag jetzt einfach mal „das sind die Zeiten in denen wir leben, finde dich damit ab“ :wink:

Ich hätte wohl nicht von „GitHub“ sondern von „Git“ reden sollen (damit ist auch klar, dass jedes Online-Repo, das auf Git basiert, da nachziehen muss).

Das ist eine Form von „Ignoranz“, die ich gefährlich finde. Zu sagen, dass bestimmte Maßnahmen „über’s Ziel hinaus schießen“ wäre unpräzise, weil das suggerieren würde, dass die Maßnahmen überhaupt ein „Ziel“ haben, und dass zumindest die Richtung stimmt. Das ist nicht der Fall. Sowas wie Petition · Do not rename the default branch from "master" to "main" · Change.org wird der übergeordneten Strömung zwar nicht entgegen wirken, aber … es fängt im kleinen an.

„Ignorant“ koennte man auch nennen, etwas als „kein Problem“ zu beurteilen von dem man selber gar nicht betroffen ist :wink:

Die Sichtweise und Wahrnehmungen anderer als richtig oder falsch einzuschaetzen ist immer so eine Sache, mir persoenlich ist es egal ob das Ding „master“ oder „main“ heisst, anderen offenbar nicht, sehe es nicht als Problem das zu aendern.

Der Kontext der zur Umbenennung fuehrt ist eben die USA, nicht D, da fehlen imo Erfahrungswerte.

In der letzten Firma (welche ich vor kurzem aus pers. Gruenden verlassen habe), wurde ich recht haeufig vom Teamleiter und manchmal sogar vom HR daraufhingewiesen das meine Ausdrucksweise oft als unpassend bzw. „cultural insensitive“ wahrgenommen wuerde, das fuehrte in harmloseren Faellen dann dazu dass ich angewiesen wurde den einen oder anderen Kommentar vom Firmeninternen zu entfernen (meine Fledermaussuppen Witze wurden von Menschen die aus einer Kultur kommen in der man das regelmaessig isst als „nicht so gut“ empfunden), „hey guys“ was im englischen eigentlich alle Geschlechter anspricht wurde als Grussformel ungern gehoert weil in der IT eben recht wenig Frauen arbeiten und manche sich ausgeschlossen fuehlten etc. pp.

Ganz ehrlich, ich (und du wohl auch) stammen aus einer Generation fuer die das alles wie mimosenhaftes Muschi-Gehabe wirkt, so what?

Ich hab meine Posts entfernt, gruesste weniger mit dem in Australien ueblichen „Hey Guys“, falls ich dann doch mal „ich“ war hab ich mich nicht in Grund und Boden geschaemt. Es gab Anfangs eine Phase in der ich noch rebellierte, zB. ist der Begriff „Blitz“ im englischen recht ueblich wenn etwas schnell gemacht werden sollte, nach meinem Protest und einer initiative die ich startete dann nicht mehr… hihihihi

Mittlerweile bin ich da locker, sollen die jungen Leute doch machen was sie fuer richtig halten, Veraenderung ist notwendig, nicht alles ist sinnvoll, genaues weiss man immer erst danach. Solange ich mir keinen Zacken aus der Krone breche ist das okay, und manchmal bin ich halt wirklich nur ich selber, da entschuldige ich mich auch nicht sondern sage ob ich das verstehe oder eben auch nicht.

Ist aber alles auch kulturell bedingt was man als anstoessig oder nicht empfindet, hab zB. konnte man ein paar Mel Brooks Filme noch nie im deutschen Rundfunk sehen.

The Producers

Blazing Saddles

Ist halt alles relativ und es kommt auf den Kontext an, oft kann man nur schwer verstehen warum da jemand aus einem anderen „Kontext“ reagiert…

Nun, das klingt alles vernünftig und sachlich. Aber ich sehe die Strömungen und Ideen, die hinter einigen Forderungen stehen, sehr kritisch. Natürlich wird das ganze immer mit etwas gerechtfertigt, was mit Zielen verbunden ist, denen sich kaum jemand entgegen stellen würde (meistens etwas, was grob mit „Gerechtigkeit“ und „Mitgefühl“ zu tun hat). Aber erstens glaube ich, dass das in vielen (oder sogar den meisten) Fällen nicht die wirklichen Ziele sind, die da dahinter stehen, und zweitens (wichtiger) werden immer mehr Prozesse und Strukturen etabliert, die beliebig weit verzerrt und ausgenutzt werden. Ich könnte nun noch etwas weiter verallgemeinern und abstrakter werden, und erklären, warum ich in dem, was da gemacht wird, eine Grundlage sehe, auf Basis derer sich totalitäre Systeme entwickeln, aber gehe mal auf ein, zwei Punkte ein:

Die Änderung ist „virtue signalling“, auf jeder denkbaren Ebene unsinnig, und bestenfalls „ideologisch motiviert“. Wenn ich eine grobe Schätzung abgeben sollte, welche Kosten damit verbunden sind, im rein volkswirtschaftlichen Sinne, und der Frage, wie viele Mannjahre Arbeit an allen Ecken und Enden über die ganze Welt verteilt aufgewendet werden müssen, dann würde ich mindestens von einem zwei- aber eher einem dreistelligen Millionenbetrag ausgehen. Die vordergründige Fragen, ob „sich das lohnt“ und ob „es das wert ist“, und ob im selben Geist nicht auch z.B. der „Master’s Degree“ umbenannt werden müßte könnte man endlos diskutieren.

Das größere Problem sehe ich darin: Wenn das ganze auf- und ernst genommen wird, dann können beliebige, auch noch so hirnrissige Forderungen durchgesetzt werden mit dem Verweis darauf, dass irgendjemand eine Verbindung zu etwas herstellt, was die Mehrheit nicht befürwortet (auch wenn sonst praktisch niemand diese Verbindung erkennt). Im ersten Moment mag das Beispiel polemisch wirken, aber es ist (leider) ernst gemeint: Es würde mich nicht überraschen, wenn morgen jemand fordern würde, das Wort „Blockchain“ zu verbannen, weil „Chain“ (Ketten) ja an die in Ketten gelegten Sklaven erinnert.

Nein. Wenn die „jungen Leute“ Forderungen stellen, die bewirken, dass Freiheiten in gefährlichem Maße eingeschränkt werden, dann sage ich: Nicht mit mir. Und das bezieht sich sowohl auf die Regulierung von Sprache, als auch auf whitewashing (sic) der Geschichte. In Anlehnung an einige Kommentare zu Kant weiter oben: Ja, einige Sachen, die er gesagt hat, würden heute von einigen als „rassistisch“ bezeichnet werden. Aber ihn deswegen, ohne Betrachtung des Kontexes diskreditieren zu wollen, halte ich für falsch.

Und genau dieser „Kontext“ macht es so schwierig: Der „Kontext“, den du meinst, ist oft/meistens verwandt zu „Kultur“. Und die aktuelle Auffassung, die einige zu vertreten scheinen, scheint die zu sein, dass „niemand jemals ‚offended‘ sein müssen darf“, unabhängig von der Kultur. Und es gibt nur eine Möglichkeit, wie man das erreichen kann. Es ist schwierig, diese „eine Möglichkeit“ klar zu bennenen. Aber sie hat zwangsläufig zu tun mit massivsten Einschränkungen der persönlichen Freiheit jedes einzelnen, und es birgt riesige Gefahren, wenn diesen Einschränkungen (d.h. dieser Unterdrückung) keine Grenze gesetzt wird.

Irgendwann ist man alt genug um die Seiten im Generationenkonflikt zu wechseln ohne es erst zu merken :wink:

Die Sache ist die @Marco13, weder deine noch meine Meinung sind relevant wenn Privatunternehmen bestimmte Regeln festlegen/aendern, ist nicht unser Geld und auch nicht unsere Einahmen die dadurch beeinflusst werden.

Mannjahre

Was ist eigentlich der „richtige“ bzw. zeitgemaesse Begriff dafuer? :wink:
„Developer Days“ bei SW Entwicklung ist ja einfach.

Der Kontext den ich meine ist „anderer Leute sichtweisen“, fuer mich persoenlich ist das ganz einfach: ich uebernehme keine Verantwortung fuer die Reaktionen anderer Leute.

Und meine Beobachtung ist, dass eben genau das immer stärker der Fall wird und du dann eben doch die Verantwortung übernehmen musst und das weitreichende Folgen haben kann.

Sagt sich leicht „Nicht mein Problem wie jemand das auffasst“ bis es dann Probleme gibt

Das entspricht nicht meiner Erfahrung.

Du meinst erst nehmen die uns den Master branch und dann steckt man uns in Arbeitslager? :wink:

Was ich meinte war nicht „nicht mein Problem“ sondern „die scheinen ein Problem zu haben dass ich nicht verstehe“.

Man kann sich ja viel einreden, zB. dass man erkennt warum dieses und jenes keine Loesung fuer ein Problem ist das ich nicht sehe/verstehe, weil man ja selber eigentlich alles kennt und versteht und wenn nicht dann ist es nicht echt…

Ich habe keine Kontrolle ueber anderer Leute Reaktionen, da kann ich keine Verantwortung fuer Uebernehmen (das setzt natuerlich vorraus dass ich selber im reinen bin), ich kann mich aber entscheiden bestimmte Dinge in bestimmten Umfeldern nicht zu sagen, ich kann mich aber auch dagegen entscheiden.

Als Beispiel sei mal der Arbeitgeber genannt, ich habe keinen Anspruch darauf bei einem bestimmten AG zu sein und meine persoenliche Meinung lautstark zu vertreten speziell wenn diese mit der Firmenkultur aneckt.
Man sucht sich seinen AG aus.

Ich meinte es eher so, dass du dich mehr oder weniger verhälst wie bisher weil es ja „nicht dein Problem“ ist aber dann kommen ein paar daher, beschweren sich über dich und tschüß.
Aber da du es ja anders meintest (und ich die Erklärung so mehr oder weniger unterschreiben kann) hat sich es ja ein wenig geändert.

Und klar man kann sich den AG aussuchen (im gewissen Rahmen).

Ich finde es aber amüsant was für Auswüchse das jetzt teilweise hat, siehe Berlin mit der Umbenennung einer U-Bahnhaltestelle. (Nicht dass sie sie umbenennen sondern was der neue Name sein sollte und was da jetzt drauß geworden ist)

Einerseits stimmt das. Das Problem ist aber, dass das nicht nur Privatunternehmen betrifft. Es wird in den unteren bis mittleren Managementebenen der Firmen zuerst sichtbar, aber knapp unter dieser Oberfläche simmert schon seit geraumer Zeit eine „Kultur“ (ich würde es eben „Ideologie“ nennen), die in bestimmten Entscheidungen, die von Privatunternehmen getroffen werden, sichtbar wird, deren weite Verbreitung daran erkennbar wird, dass niemand sich über diese Entscheidungen beschwert, und deren Gefährlichkeit erkennbar wird, wenn jemand das doch tut, er in gewaltige Probleme gerät, und damit schlicht kein Widerspruch und keine ehrliche Unterhaltung mehr möglich ist.

Du meintest selbst, dass du … „angeeckt“ bist, weil du als „cultural(ly) insensitive“ wahrgenommen wurdest. Und wenn du denkst, dass du einfach so den Arbeitgeber wechseln kannst, und dich dann nicht mehr mit dem befassen musst (und persönlich durch das eingeschränkt wirst), was du selbst als „mimosenhaftes Muschi-Gehabe“ bezeichnest: Das ist nicht so. Dazu ist das zu weit verbreitet. Schon dass du das hier so bezeichnest könnte (wenn dein Arbeitgeber darüber stolpert, bzw. irgendeine selbstgefällige Social-Justice-Absolventin, die jetzt bei euch in der HR arbeitet) bewirken, dass du zurechtgewiesen wirst und ggf. auch öffentlich (!, d.h. von einem dieser „Twitter-Mobs“) diskreditiert wirst, so, dass du es schwer haben wirst, überhaupt noch irgendwo einen Job zu finden. (Websuche Maven is my girlfriend).

Ein paar Abstraktionslevel höher: Es geht nicht darum, ob irgendwas, was man (in bezug auf spezielle politische Themen) sagt „richtig“ oder „falsch“ ist. Niemand kann sich anmaßen, „Das Richtige“ im übergeordnet-allumfassenden Sinn definieren zu können. Und genau das ist der Grund, warum ich einige Bestrebungen so kritisch sehe: Wenn schon der Diskurs über ein Thema nicht mehr möglich ist, weil irgendeine übergeordnete Instanz postuliert, dass ~„bestimmte Dinge nicht mehr gesagt oder in Frage gestellt werden dürfen“, dann ist das sehr, sehr, sehr gefährlich. Bis zu den Arbeitslagern würde es noch eine Weile dauern, aber wenn die schon am Horizont auftauchen, sollte man sich doch fragen, ob man nicht vielleicht in eine andere Richtung laufen sollte…

Das war ein Klassiker hihihi…

Zur Info, Jonathan arbeitet immer noch dort, da wird man nicht gleich gefeuert fuer einen Fehltritt und weil die Presse und Social Justice Warrior eine Hexenjagd veranstalten.
Persoenlich sehe ich die Praesentation nicht als Problem (und meine Fledermaussuppen Witze waren geil), aber es ist nicht meine Firma, ich mache da die Regeln nicht, und wenn man Fuss fassen will in den USA muss man dort die Regeln einhalten.

Man muss sich IMHO seiner Position und Rolle schon bewusst sein:
CompanyHierarchy

Quelle

Nebenbei, die ganze Sache mit „einen job finden“ will ich mir gerade abgewoehnen, ist ja wirklich nur Sklaverei mit extra Schritten. Ich hab schreckliche Dinge in meinem Leben fuer Geld gemacht, zB. morgens aufstehen, in die Arbeit gehen, mir sagen lasen was ich tun soll, anderen sagen was sie tun sollen, mir dann irgendwann sagen lassen wie gut/schlecht ich das getan habe etc. pp.
So funktioniert das Arbeitsleben nunmal.
Zocke jetzt Derivate and den US Maerkten, mal sehen ob das klappt auf Dauer. Das waeren dann meine Regeln :wink:

Ich frage mich gerade, worum es denn geht? Geht es darum, dass man was so sagen darf, weil früher hat man das auch so gesagt? Ich denke schon, dass es ein Ziel gibt, und zwar soll sich keiner unwohl fühlen müssen, weil jemand etwas sagt, das einen herrabwürdigt.
Ob jetzt der master branch zu main geändert werden soll… keine Ahnung, das ist für mich schwer zu beurteilen, ob sich dabei jemand angegriffen fühlt. Bei „master -> slave“ und dem was damit ausgedrückt wird, fällt es mir schon leichter, zu verstehen, dass das jemand als eine Verharmlosung von Sklaverei ansehen könnte. Ich mein, würdest du ein Ferienlager für ADHS Kinder „Konzentrationslager“ nennen? Wahrscheinlich eher nicht, aber wo ist der Unterschied? Außer dass der eine Name etabliert ist, und der andere nicht? Vielleicht stammt der eine Begriff aus einer Zeit, in der man damit nicht kritisch umgegangen ist, wahrscheinlich würde man ihn mit dem heutigen Bewusstsein so nicht erfinden.

Der Grund weshalb sich das alles ändert ist weil sich die gesellschaftlichen Strukturen ändern. Während es früher weniger Farbige in Deutschland gab, gab es weniger Menschen die sich beim Wort „Negerkuss“ angegriffen gefühlt haben. Es geht hierbei um das Wort „Neger“ was auf die Skalvenzeit zurück geht. Da kann ich mir schon vorstellen, dass jemand mit dunkler Hautfarbe sich fragt, was der Deutsche denn für ein Bild von ihm hat, wenn das so noch im Supermarkt stehen würde.
Für mich ist es nicht schlimm, auf solche Wörter zu verzichten. Ich denke, dass man die Macht von Wörtern und das was sie in anderen auslösen unterschätzen kann. Wenn man sein „Das hab ich aber schon immer so gesagt/gemacht“ über das stellt, wie sich ein anderer Mensch fühlt, dann wirkt man halt nicht als sonderlich sympatisch.

Klar kann man jetzt sagen, dass sind doch alle Muschis, die nix ab können. Aber wie geht es dir, wenn man dich als „privilegierter alter weißer Mann“ bezeichnen würde? Vielleicht würdest du dich dadurch ausgegrenzt fühlen, und genau darum geht es. Keiner soll ausgegrenzt oder herrabgewürdigt werden.

Zu guter letzt noch das Argument, dass manche Wörter Teil der Kultur sind. Das sich Sprache ändert, war schon immer so. „Ficken“ war früher „schnelles reiben“, „geil“ war nur mit sexuell erregt assoziert. Kein Mensch redet mehr so wie Schiller und Goethe.

1 „Gefällt mir“

Na ja, nach dem N-Wort kam „Schwarzer“, dann „Farbiger“ u.s.w., bis wir heute bei „Person of Color“ angekommen sind, aber wer weiß, ob das nun das Ende ist. Was dem rechten Rand reichlich Gelegenheit gibt, sich über die „politisch Korrekten“ lustig zu machen, z.B. mit Wortschöpfungen wie „Maximalpigmentierter“, um mal eines der harmloseren Beispiele zu nennen.

Andererseits gibt es viele Minoritäten, die ihre eigentlich beleidigend gemeinte Bezeichnung „geowned“ haben, und dann war gut. Heute zuckt niemand mit der Wimper, wenn jemand „Ich bin übrigens schwul“ sagt. Oder bei Religionsgemeinschaften: „Puritaner“, „Quaker“, „Methodist“ waren ursprünglich spöttisch bis beleidigend gemeinte Bezeichnungen.

Ich denke, beleidigende Bezeichnungen müssen nicht sein, aber die aktuelle Überkorrektheit geht zu weit. Zu glauben, dass immer „sensiblere“ Sprachregelungen etwas verbessern würden, ist einfach naiv. Sie kann genau das Gegenteil erreichen.